Erstnachweis von Sitaris muralis für Westfalen 

Erstnachweis von Sitaris muralis (FOERSTER, 1771) 
für Westfalen (Coleoptera, Meloidae)

Karsten Hannig, Alfons Pennekamp & Thorsten Zegula

Bei Sitaris muralis handelt es sich schwerpunktmäßig um eine in Nordafrika (Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen) sowie Europa (ohne den Norden!) verbreitete (HORION 1956, BOLOGNA 1991), im Vergleich zu den anderen Vertretern der Familie (z.B. der Spanischen Fliege) eher unscheinbare Ölkäferart (siehe Abb. 1). Nach HORION (1956) kommt sie im mitteleuropäischen Raum nur sporadisch vor und besitzt ihren Verbreitungsschwerpunkt innerhalb Deutschlands im Südwesten (Baden, Hessen). Die aktuelle Verbreitungssituation in Deutschland wird von LÜCKMANN (2006) dargestellt und diskutiert.


Abb. 1: Sitaris muralis (FOERSTER, 1771) aus Essen-Stadtwald vom 16.08.2007 (Foto: B. RENKE)

Aus Nordrhein-Westfalen liegen keine historischen Nachweise vor; die erste dokumentierte Meldung stammt aus dem Klever Stadtgebiet von 1994 (KATSCHAK 1995). In den darauf folgenden Jahren konnte Sitaris muralis von wenigen weiteren Standorten linksrheinisch sowohl im Niederrheinischen Tiefland (z.B. Rees Bienen, Straelen, Kranenburg) als auch in der Niederrheinischen Bucht (Bonn-Endenich, Brühl-Pfingsdorf) gemeldet werden (BRÜHNE & AHRENDT 2005, KATSCHAK 2005, LÜCKMANN 2006). Die östlichste Verbreitung in NRW erreichte die Art bisher in Oberhausen, wo sie mehrfach von verschiedenen Stellen gemeldet wurde (LÜCKMANN, persönl. Mitt.).


Am 15. und 16.08.2007 konnten die Verfasser im Grenzbereich zwischen dem Süderbergland und der Westfälischen Bucht in Essen-Stadtwald (MTB 4508.3) eine weitere Population dieser bundesweit als „gefährdet“ (GEISER 1998) eingestuften Art dokumentieren. Als Brutplatz fungierte ein besonntes, vegetationsfreies, in Beton eingefasstes Beet in Südexposition, das direkt an einer Hauswand liegt (Abb. 2). Der Untergrund besteht aus grobem Kies auf sandigem Substrat. Die Tiere saßen in großer Zahl (geschätzte 200 – 300 Expl.) sowohl im unteren Bereich der Hauswand als auch in dem Beet (siehe auch Abb. 3), das eine große Anzahl an Nestausgängen einer (noch nicht identifizierten) Solitärbienenart aufwies. 

Abb. 2: „Lebensraum“ von Sitaris muralis in 
Essen-Stadtwald (Foto ff.: A. PENNEKAMP).

Nach dem Schlupf der adulten Tiere zwischen Ende Juli und Anfang September findet die Eiablage in unmittelbarer Nähe der Wirtsbienennester an festem Substrat statt (LÜCKMANN 2006). Dies kann anhand der eigenen Beobachtungen bestätigt werden, da die im Beet befindlichen größeren Kieselsteine großteils unterseitig mit Eigelegen besetzt waren (Abb. 4 und 5). Weitere Untersuchungen im nächsten Frühjahr sollen zeigen, um welche Mauerbienenart es sich handelt und wie die Bienenpopulation auf den massiven parasitären Befall durch die Sitaris-Larven reagiert.


Abb. 3: Hauswand und Beet mit mehreren Ind. von Sitaris muralis (FOERSTER, 1771) in Essen-Stadtwald.

Bei dem Fund aus Essen-Stadtwald handelt es sich um den ersten westfälischen Nachweis, der die „Lücke“ zwischen dem Erstfund aus Niedersachsen (Wathlingen südöstl. von Celle) sowie den nächstgelegenen aktuellen Populationen in NRW verkleinert (LÜCKMANN 2006).
Da die Art eine zweijährige Entwicklungsdauer besitzt, müssen bereits 2005 Tiere am Fundort gewesen sein, ohne dass sie bemerkt wurden. Dies bestätigt die Vermutung des letztgenannten Autors, dass Sitaris muralis aufgrund ihres unscheinbaren Habitus, des geringen Aktionsradius der Adulten, der verhältnismäßig kurzen Aktivitätszeit sowie der Nutzung sekundärer Kleinstlebensräume im städtischen Bereich vermutlich häufig übersehen wird. 


Abb. 4: Mehrere Eigelege mit darauf sitzenden Sitaris.

Abb. Abb. 5: Einzelnes Eigelege von Sitaris muralis.

Danksagung: Die Verfasser möchten sich bei Herrn B. Renke (Herten) und F. Kasparek (Herten) für die Anfertigung einiger Fotografien sowie bei Herrn Dr. J. Lückmann (Bensheim) für die kritische Durchsicht des Manuskriptes bedanken

Literatur
BOLOGNA, M.A. (1991): Fauna d`Italia: Coleoptera Meloidae. 541 pp. Edizioni Calderini, Bologna.
BRÜHNE, M. & AHRENDT, W. (2005): Vorkommen von Sitaris muralis (FOERSTER) im Kreis Kleve (NRW). – Coleo, 6: 53 – 60.
GEISER, R. (1998): Rote Liste der Käfer (Coleoptera). – In: BINOT, M., BLESS, R., BOYE, P., GRUTTKE, H. & PRETSCHER, P. (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, 55: 168 – 230.
HORION, A. (1956): Faunistik der mitteleuropäischen Käfer, Bd. V: Heteromera. Tutzing, 336 pp. 
KATSCHAK, G. (1995): Drilus concolor AHR. und Sitaris muralis (FOERST.) im Stadtgebiet von Kleve (Col., Drilidae, Meloidae). – Mitt. Arb.gem. Rhein. Koleopterologen (Bonn), 5: 201 – 204.
KATSCHAK, G. (2005): Anmerkungen zur Verbreitung von Sitaris muralis am linken Niederrhein. – Coleo, 6: 17 – 21.
LÜCKMANN, J. (2006): Sitaris muralis (FOERSTER, 1771) – neu für Niedersachsen und Stand der aktuellen Verbreitung der Art in Deutschland (Coleoptera: Meloidae). – Entomol. Z., 116 (3): 107 – 112.
Zitat: Hannig, K., A. Pennekamp & Th. Zegula (2007): Erstnachweis von Sitaris muralis (FOERSTER, 1771) 
für Westfalen (Coleoptera, Meloidae). - Mitt. Arb.gem. Rhein. Koleopterologen (Bonn) 17, im Druck.