Anthaxia
candens, Lathropus sepicola Wiederfunde Nordrhein |
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Anthaxia candens (PANZER, 1789)
und Lathropus sepicola (MÜLLER, 1821) Wiederfunde für
das nördliche Rheinland auf alten Streuobstwiesen (Col., Buprestidae,
Laemophloeidae).
JONAS
KÖHLER & FRANK KÖHLER
Anthaxia candens (PANZER, 1787)
Am 1. Juni 2009 wurde der Kirschprachtkäfer
Anthaxia
candens vom Erstautor auf zwei benachbarten Streuobstwiesen bei Bornheim-Brenig
gefunden. Vier Weibchen wurden am Nachmittag bei reichlich Sonnenschein,
aber recht starkem Wind und Temperaturen um 26°C, an den Wirtsbäumen
(Prunus avium cult.) beobachtet, wobei ein Tier mit der Eiablage
an einem abgeknickten mächtigen Ast beschäftigt war. Bei einer
weiteren Nachsuche am Folgetag konnten weitere drei Exemplare gesichtet
werden. Wieder handelte es sich ausschließlich um Weibchen, wobei
die Tiere in unterschiedlicher Höhe an der abendlich schattigen Südseite
der Kirschstämme saßen. Ein Weibchen fand sich knapp über
dem Boden und suchte, geschützt durch die Krautschicht, geeignete
Eiablagestellen.
Anthaxia candens, Weibchen. |
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Bei der Eiablage |
Die Verbreitung dieses Prachtkäfers
erstreckt sich von Südrussland, dem Transkaukasus und Südosteuropa
bis nach Mittel- und Westeuropa. HORION (1955) zitiert für Frankreich
eine Ausbreitung Richtung Westen. Mittlerweile ist die Art auch aus Spanien
bekannt, das nördliche Europa wird allerdings vollständig gemieden
und auch in Deutschland ist das Vorkommen von Anthaxia candens auf
den Süden und die Mitte beschränkt (NIEHUIS 2004). Bekannt sind
Funde nach 1950 aus Bayern, Baden, Württemberg, Rheinhessen-Pfalz,
Saarland, südliches Rheinland, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt
(KÖHLER & KLAUSNITZER 1998). Eine alte Meldung existiert aus Nordrhein-Westfalen,
wobei beide Einträge im deutschen Käferverzeichnis für Nordrhein
und Westfalen auf die Meldung aus dem Stadtgebiet von Essen zurückgehen,
wo GEISENKEUSER (1896) am 23.V.1889 ein Exemplar auf einer Fensterbank
fand.
Nach NIEHUIS (2004) markierten Funde bei
Koblenz und dem oberen Moseltal die bisherige Nordgrenze in der Rheinprovinz.
Seither hat offenbar eine Ausbreitung über das Rheintal nach Norden
stattgefunden. So findet sich im Forum der Internetseite insektenfotos.de
ein Nachweis vom Mai 2008 bei Unkel, wo STEMMER den Kirschprachtkäfer
im Rheintal nur wenige Kilometer südlich der Grenze zu Nordrhein-Westfalen
fotografieren konnte. Bislang unpublizierte Funde wurden zudem aus Koblenz
(I. BELLER 2008) und Weitersburg am Rhein (M. SWADZBA, V.2008) durch Fotos
belegt. Die aktuellen Nachweise bei Bornheim-Brenig stellen somit die neue
Nordgrenze der Verbreitung von Anthaxia candes am Rhein dar.
Anbrüchige Süßkirsche auf der Streuobstwiese
in Bornheim-Brenig.
Die Art wird in der Roten Liste Deutschlands
(GEISER 1998) als stark gefährdet eingestuft. Die Fundumstände
sind typisch für
Anthaxia candens, da sie in Deutschland meist
aus Streuobstbeständen mit Süßkirschen und hohem Totholzanteil
gemeldet wird (NIEHUIS 2004). Neben Kirsche werden in der älteren
Literatur auch andere Obstgehölze, wie Zwetschge, Apfel und Aprikose
oder auch die Weichelkirsche (Prunus mahaleb) als Brutbäume
genannt (z. B. HORION 1955). Neben der bevorzugten Süßkische
(Prunus avium) gelten für Deutschland allerdings nur die Sauerkirsche
(Prunus cerasus) und Zwetschge (Prunus domesticus) als sichere
Brutbäume. Aus Rheinland-Pfalz sind außerdem Brutnachweise an
Weichselkirsche bekannt (BRECHTEL & KOSTENBADER 2002). In Baden-Württemberg
wird Anthaxia candes meist im Mai gefunden. In Rheinland-Pfalz liegt
der Schwerpunkt der Funde von Ende Mai bis Mitte Juni. Grundsätzlich
gelangen Funde aber von Ende April bis Ende August (BRECHTEL & KOSTENBADER
2002, NIEHUIS 2004). Das Fehlen des Kirschprachtkäfers in Nordeuropa
und den nördlichen Regionen Deutschlands zeigt zudem ein Wärmebedürfnis
an und legt die Vermutung nahe, dass die Art sich, bedingt durch den Klimawandel,
nach Norden ausbreitet.
Lathropus
sepicola (MÜLLER, 1821)
Beim Abklopfen verpilzter Kirschbaumäste
auf der Streuobstwiese bei Bornheim-Brenig wurden am 2. Juni 2009 zwei
Exemplare des Halsplattkäfers Lathropus sepicola gefunden.
Dies sind übliche Fundumstände für die Art, die bevorzugt
an toten Eichenästen, aber auch anderen Laubhölzern gefunden
wurde. Die typischen Stücke wurden 1817 im südlichen Rheinland
in Odenbach am Glan an einem Eichenzaun gefunden. |
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Lathropus sepicola |
Nach der Erstbeschreibung gelang nur noch
ein weiterer Nachweis im nördlichen Rheinland in Niederzier-Hambach,
wo EICHHOFF im Mai 1865 etwa 100 Tiere in seinem Garten an Zaunpfählen
fand (HORION 1960, KOCH 1968). Der rheinische Wiederfund gelang am
30.V.1996 per Autokeschernachweis in den Weinbergslagen zwischen Niederhausen
und Schloßböckelheim, wo sich auf dem Magerrasen-Hügel
Harsten dann auch weitere Exemplare an Eichenästen- und Stämmchen
fanden (KÖHLER 1997).
Lathropus sepicola ist im Osten,
Süden und Südwesten Deutschlands verbreitet. Im Osten erreicht
die Art Brandenburg, das Niederelbegebiet und den Süden Mecklenburg-Vorpommerns,
während sie in Sachsen-Anhalt verschollen ist. Im Westen erstreckt
sich sein Areal von Baden über die Pfalz und Hessen bis in die südliche
Rheinprovinz (KÖHLER & KLAUSNITZER 1998). Der neue Fundort liegt
etwa 120 Kilometer nördlich der Nahe. Möglicherweise handelt
es sich um ein Reliktvorkommen in der Kölner Bucht, wahrscheinlicher
ist es aber, dass es sich um eine rezente Wiederausbreitung über das
Rheintal in Folge des Klimawandels handelt. Hierfür spricht auch die
Gesamtverbreitung, die sich auf das südliche Mitteleuropa und
stellenweise Südeuropa konzentriert. Die Fauna Europaea führt
die Art für Spanien, Frankreich und Italien auf sowie Ungarn, Österreich,
Tschechien und Polen. HORION (1960) kannte darüber hinaus schon Nachweise
aus Belgien, der Schweiz, der Slovakei, der Ukraine, Südrussland und
dem Kaukasus. Insgesamt ergibt sich damit ein geschlossenes südliches
Verbreitungsgebiet nördlich der Mittelmeerregion.
Weitere bemerkenswerte Käfernachweise
- Diskussion
In Begleitung der beiden Wiederfunde fanden
sich weitere bemerkenswerte Nachweise anderer Käferarten, so beispielsweise
auf Blüten Totholzbewohner wie der Seidenkäfer Anaspis costai
(Scraptiidae), der kleine Heldbock Cerambyx scopolii, die Bockkäfer
Stenopterus
rufus und Molorchus umbellatarum (Cerambycidae), der Stolperkäfer
Valgus
hemipterus und der Pinselkäfer
Trichius zonatus (Scarabaeidae),
die alle für alte Streuobstwiesen typisch sind und als relativ selten
gelten oder im Bestand stark zurückgegangen sind.
Cerambyx scopolii wurde vor einigen
Jahren erstmals von uns auf der Ville auf einer alten Streuobstwiese bei
Swisttal-Heimerzheim nachgewiesen (BAUMANN 1997). Die Brutbäume wurden
dort, ebenso wie die einzigen lokal bekannten Brutbäume des Beulenkopfbockes
Rhamnusium
bicolor, mittlerweile gefällt. Zumindest Cerambyx scopolii
scheint sich unterdessen in das benachbarte Bornheim ausgebreitet zu haben,
was weitere Brutbilder an anderen Standorten belegen. Auf Blüten wurde
zudem erstmalig auf der Ville der Bienenwolf Trichodes alvearius
(Cleridae) in wenigen Exemplaren nachgewiesen. Der Buntkäfer brütet
in Apiden-Kolonien und dürfte von toten Kirschstämmen und künstlichen
Nisthilfen profitieren.
An den Stämmen fanden sich neben
Anthaxia
candens und Cerambyx scopolii lediglich noch der Leiterbock
Saperda
scalaris, in Begleitung des Lathropus sepicola wurden aber weitere
seltene Arten von toten und verpilzten Kirschästen geklopft, so der
Scheinrüssler Lissodema denticolle (Pythidae) und Ernoporicus
caucasicus (Scolytidae), der bis 2008 (HADULLA in Vorber.) im nördlichen
Rheinland gleichfalls verschollen war. Des Weiteren fanden sich am Pflaumenfeuerschwamm
(Phellinus tuberculosus) der Schwammkäfer Cis pygmaeus
(Cisidae), der Pochkäfer Dorcatoma setosella (Anobiidae) und
der Düsterkäfer
Abdera flexuosa (Melandryidae).
Beide Streuobstwiesen bei Bornheim-Brenig
zeichnen sich durch totholzreiche Süßkirschbestände und
eine wärmebegünstigte Lage an dem Rheintal zugewandten Rand des
Ville-Höhenzuges aus. Die hochstämmigen Bestände werden
derzeit nicht bewirtschaftet, so dass in den vergangenen Jahren kein Baumschnitt
oder Fällungen anbrüchiger und toter Bäume stattfanden.
Ein stark vergraster Bestand westlich der Quarzsandgrube Brenig wird vom
"BUND Rhein-Sieg-Kreis" betreut, der dort Artenschutzmaßnahmen für
Vögel und Stechimmen durchführt (HACHTEL, mdl. Mitt.). Der zweite,
südliche der Grube gelegene Bestand, wird laut Aussagen der Pächter
nur als Pferdeweide genutzt.
Diese Nutzungsform findet sich in vielen
alten Obstbeständen auf der Ville, da eine Obsternte dort nicht mehr
wirtschaftlich rentabel ist. Ein großer Teil der alten Obstwiesen
wurde allerdings in den letzten Jahrzehnten abgeholzt und in heute übliche
Obstplantagen überführt, so dass diese Altbestände eher
Reliktcharakter besitzen. Auch wenn wir bei den beiden Wiederfunden eine
klimabedingte Arealerweiterung vermuten können, so unterstreichen
sie doch gemeinsam mit den anderen bemerkenswerten Nachweisen die lokal,
aber auch allgemein hohe naturschutzfachliche Bedeutung alter Streuobstbestände.
Bislang wurden die Standorte nur stichprobenhaft untersucht, bei einer
systematischen Käfererfassung dürften viele weitere bemerkenswerte
Käfervorkommen dokumentiert werden. |
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Cerambyx scopolii
Stenopterus rufus
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Molorchus umbellatarum
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Trichius zonatus
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Trichodes alvearius
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Saperda scalaris
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Dorcatoma setosella
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Abdera flexuosa
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Literatur
BAUMANN, H. (1997): Die
Bockkäfer (Coleoptera, Cerambycidae) des nördlichen Rheinlandes.
Decheniana-Beihefte (Bonn) 36, 13 140.
BRECHTEL, F. & H. KOSTENBADER
(2002): Die Pracht- und Hirschkäfer Baden-Württembergs. Stuttgart.
GEILENKEUSER, W. (1896):
Nachtrag zu dem "Verzeichnis der Käfer von Elberfeld und dessen Nachbarschaft"
von Oberlehrer C. Cornelius. Jber. naturwiss. Ver. Elberfeld (Elberfeld)
8, 25 48.
GEISER, R. (1998): Rote
Liste der Käfer (Coleoptera), in: BINOT, M., R. BLESS, P. BOYE, H.
GRUTTKE & P. PRETSCHER (Bearb.): Rote Liste gefährdeter Tiere
Deutschlands. Schrr. Landschaftspflege Natursch. (Bonn-Bad Godesberg)
55, 168230.
HORION, A. (1955): Faunistik
der mitteleuropäischen Käfer. Bd.IV: Sternoxia (Buprestidae),
Fossipedes, Macrodactylia, Brachymera. München.
HORION, A. (1960): Faunistik
der mitteleuropäischen Käfer. Bd.VII: Clavicornia, 1. Teil (Sphaeritidae
bis Phalacridae). Überlingen/Bodensee.
KOCH, K. (1968): Käferfauna
der Rheinprovinz. Decheniana-Beihefte (Bonn) 13, I-VIII, 1 382.
KÖHLER, F. (1997b):
Anmerkungen zur Käferfauna der Rheinprovinz XI. - Mitt. Arb.gem. Rhein.
Koleopterologen (Bonn) 7, 29-51.
KÖHLER, F. & B.
KLAUSNITZER (Hrsg.) (1998): Verzeichnis der Käfer Deutschlands.
Ent. Nachr. Ber. Beiheft (Dresden) 4, 1185.
NIEHUIS, M. (2004): Die
Prachtkäfer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Fauna und Flora
Rheinland-Pfalz (Landau) Beiheft 31, 712 S. |
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