Europäische
Rote Liste der Totholzkäfer |
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Aktuell legt die
International Union for Conservation of Nature (IUCN) in Zusammenarbeit
mit der Europäischen Union eine europäische Rote Liste der Totholzkäfer
vor, auf die hier ein erster Blick aus Sicht der heimischen Fauna geworfen
werden soll. Die Auswahl der bearbeiteten Taxa richtet sich nach politischen
und finanziellen, weniger nach ökologischen oder wissenschaftlichen
Gesichtspunkten. So werden Familien mit FFH-Arten bevorzugt und eine Begrenzung
auf etwa 400 Käfer vorgenommen. In Deutschland kommen davon 198 Arten
der 431 behandelten Käfer mit gesicherten Nachweisen vor (Tab. 1,
nach IUCN 209 Sp.).
Familien mit auffälligen Arten werden
bevorzugt, was sich in der Größenverteilung niederschlägt
(Abb. 1). Im IUCN-Bericht werden Schlüsselarten alter Wälder
erwähnt, in der Liste finden sich aber beispielsweise nur 41
von 114 Urwaldreliktarten Deutschlands (nach MÜLLER et al. 2005). |
Abb. 1: Größenverteilung aller und gefährdeter
Totholzkäfer Deutschlands und derjenigen heimischen Arten, die Eingang
in die europäische Rote Liste fanden. |
Im Vergleich zur Artenzusammensetzung
der Deutschen Fauna zeigt sich aus ökologischer Sicht (Abb. 2) dennoch
ein einigermaßen repräsentatives Bild. Durch die Einbeziehung
der Cetonidae und Elateridae sind die xylodetriticolen Arten, Charaktertiere
der Waldzefallsphase, leicht überproportional vertreten. Die
Gilde der Pilzkäfer, deren Artenzahl innerhalb der europäischen
Länder artenzahlenmäßig vergleichsweise wenig variiert,
ist leider nur schwach vertreten. Durch die Berücksichtigung der Bostrychidae
und Ceramycidae sind lignicole Faunenelemente deutlich häufiger präsent
als corticole Arten. Holz- und Rindenkäfer sind übrigens bei
uns im Schnitt seltener gefährdet als Mulm- und Pilzkäfer. Aus
biogeographischer Sicht (Abb. 3) führt die getroffene Familienauswahl
zu einer Überrepräsentanz mediterraner und kontinentaler Faunenelemente,
während in Deutschland vorkommende nordeuropäisch-sibirische
Käfer praktisch nicht berücksichtigt werden.
Abb. 2: Artenverteilung auf
Totholzlebensräume. Links in Deutschland Vorkommende Arten der europäischen
Roten Liste, rechts alle Arten in Deutschland (Stand Dez. 2009). |
Abb. 3: Artenverteilung auf
Verbreitungstypen. |
Von den 431 behandelten Arten der europäischen
Roten Liste der Totholzkäfer werden 11 % offiziell als gefährdet
bezeichnet (Abb. 4). Dabei werden allerdings Arten mit defizitärer
Datenlage bei der Berechnung nicht ausgeklammert. Hier finden sich viele
superseltene Käfer, die vermutlich auch gefährdet sein dürften,
aber auch taxonomisch kritische Arten, wie beispielsweise einige Ampedus-Unikate,
die für die deutsche Fauna abgelehnt werden. Korrekt wären also
eigentlich je 18 % gefährdete und potentiell gefährdete Totholzkäferarten.
Eine Datenbankabfrage für die 198 in Deutschland vorkommenden Käfer
der IUCN-Liste erbringt einen Anteil gefährdeter Arten von 6,5 bzw.
7,1 % ohne DD-Arten (Abb. 5).
Abb. 4: Verteilung der Xylobionten der europäischen
Roten Liste auf IUCN-Gefährdungskategorien (weitere Erläuterungen
s. Tab. 1). |
Abb. 5: Verteilung der aus Deutschland bekannten Arten
der IUCN-Liste auf Gefährdungskategorien. |
Ende Dezember 2009 waren aus Deutschland
1.412 Totholzkäferarten bekannt, von denen 58 % in der letzten Roten
Liste Deutschlands (GEISER 1998) in einer Gefährdungskategorie gelistet
werden. In der anstehenden Neufassung (BÜCHE i.l. 2009) werden dies
vorraussichtlich nur noch 25 % sein. Rund 21 % der Arten werden als selten,
potentiell gefährdet oder mit unklarer Datenlage geführt. Als
Hauptursache für den Rückgang gefährdeter Käfer werden
sicher methodische Gründe genannt werden. Allerdings dürfte auch
der Klimawandels eine bedeutende Rolle spielen. Im Rheinland sind bspw.
seltene und gefährdete Arten überproportional öfter eingewandert
oder expansiv aufgetreten (KÖHLER in Vorber.), so dass für viele
Arten Gefährdung und Seltenheit neu zu bewerten sind. Bei dieser Gelegenheit
sei angemerkt, dass für Deutschland seit 1998 insgesamt 157 neue Käferarten
gemeldet wurden, wobei mediterrane Faunenelemente dominieren.
In Tabelle 1 findet sich die Liste der
198 aus Deutschland bekannten Arten der europäischen Roten Liste der
Totholzkäfer, wobei die verschiedenen Gefährdungseinstufungen
zum Vergleich wiedergegeben und farblich hervorgehoben werden. Die nationalen
Einstufungen unterscheiden sich gravierend von der Europa-Liste.
Intensive (historische) Waldnutzung in Deutschland, aber auch Existenz
und Spezialierung vieler Arten am Rande ihres Verbreitungsgebietes dürften
dazu führen, dass in Deutschland die Gefährdungsabschätzung
vielfach kritischer ausfällt. Aufgrund der quantitativen Bewertung
der Vorkommen, kann aber auch eine Art in Europa ungefährdet sein,
die in allen Ländern stark gefährdet ist (z.B. Ampedus cardinalis).
Ob in diesem Kontext die IUCN-Liste in Deutschland planerische oder politische
Bedeutung erlangen kann, wird zu diskutieren sein.
Tab. 1: In der Roten Liste der Totholzkäfer Europas
behandelte Arten, für die aus Deutschland gesicherte Nachweise vorliegen.
Exklusive fälschlich in der Fauna Europaea für Deutschland geführte
Arten, importierter oder taxonomisch fraglicher Arten (div. Ampedus).
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Quellen:
Verzeichnis der Käfer Deutschlands (KÖHLER & KLAUSNITZER
1998, KÖHLER 2000, in Vorber., Stand Dezember 2009), Rote Liste Deutschland
1998 (GEISER 1998), Rote Liste Deutschland 2008 (BÜCHE i.l. 2009,
Publikation war für 2008 geplant und hat sich verzögert), Liste
der Urwaldreliktarten Deutschlands (MÜLLER et al. 2005), Europäische
Rote Liste der Totholzkäfer (IUCN 2010). |
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