Geilenkeuser 1908 - Hildener Heide
     Mit dem Gesamtnamen "Hildener Heide" bezeichnet man das Gebiet, das zwischen Ohligs, Richrath, Hilden, Vennhausen, Hochdahl und Station Haan gelegen ist. Die einzelnen Teile führen besondere Namen; so gibt es eine Lodon- und Giesenheide, Vennhauser- und Krüdersheide u. a. 
     Die Hildener Heide bildet den Übergang aus dem Bergischen" in die Niederrheinische Tiefebene, liegt in mäßiger Höhe über dem Rhein und mißt in der größten Ausdehnung etwa 7-8 km. Auf diesem verhältnismäßig beschränkten Raum finden sich die lohnendsten Fangplätze für Entomologen. Der sandige Boden ist bedeckt mit Nadelholz, niederm Laubgebüsch, aus krüppelhaften Eichen, Buchen, Erlen und Birken gemischt, und Ginster. Vorherrschend ist die Kiefer, Pinus silvestris L. In den feuchten Niederungen findet sich eine reiche Sumpfflora und auf trocknem Boden viel lockeres Heidekraut. Ferner gibt es Tümpel, Lachen, Teiche, Bäche und trockne, aber lohnende Sandwege. An vielen wasserreichen Stellen ist der Boden so sumpfig, daß es äußerster Vorsicht bedarf, um hindurchzukommen. Bei Unterbach und Vennhausen ist es zur Torfbildung gekommen. Noch vor einem Menschenalter hat man hier Torf gestochen. Man nennt die Gegend heute noch den Dorfbrook (Torfbruch). Als einsame Warte ragt aus der Heide der Jaberg hervor, eine schöne Aussicht über das ganze Gebiet gewährend. Einst haben hier auch die Wasser geflutet und hie und da Sandmassen abgelagert, so daß es zur Bildung von Dünen gekommen ist, die sich besonders im Südosten in Form von Hügeln und Wällen hinziehen. Sie dürften das Eindringen neuer Arten aus dem Bergischen" erschwert und in manchen Fällen solchen ungeflügelten Insekten, die sich im Sand nur mühsam fortbewegen können, fast unmöglich gemacht haben. Der Boden in den steilen Sandgruben, die sich hie und da in den Dünen finden, bietet lohnende Ausbeute an Käfern, die sich vergeblich bemühen, aus dem Gefängnis wieder herauszukommen. Besonders die trägen Curculionen kann man hier finden. Es ist überhaupt die Heide ein Dorado für den Insektenfreund. 
     Leider wird das Gebiet durch die weiter greifende Kultur mehr und mehr beschränkt. Große Strecken sind im letzten Jahrzehnt unter den Pflug genommen. Auch die Industrie schiebt sich immer mehr in das Gebiet ein. Zwischen Jaberg und der Bahn, die nach Cöln führt, gab es noch vor wenigen Jahren keine Industrie. Heute findet man hier mehrere große Werke, die das Wasser der Itter zu ihren Zwecken verwenden. Im Osten des Jabergs hat man in diesem Jahre, um Grubenholz zu gewinnen, viele Morgen Kiefern niedergelegt, so daß die Umgebung des Hügels, dessen Gipfel leider auch durch das Hildener Wasserreservoir viel von seinem früheren Reiz eingebüßt hat, einen traurigen Anblick bietet. Mancher gute Fangplatz ist damit verschwunden. Nachteilig wirkte auch auf Flora und Fauna, besonders in früheren Jahren, die stark betriebene Schafzucht. Wie bedeutend diese war, geht daraus hervor, daß damals ein Brief an die richtige Adresse kam, der die Aufschrift hatte: An den Mann in Wald, der die vielen Schafe hat. Noch eins muß ich bedauernd erwahnen. Im Herbst kann man viele Frauen und Kinder eifrig beschäftigt sehen, die dürren Nadeln in den Kiefernwaldungen einzusammeln. Sie bedienen sich nicht nur der Harke, sondern fegen mit Besen den Boden so rein, daß er stellenweise einer ausgekehrten Stube gleicht. Daß hierdurch auch Fauna und Flora sehr geschädigt werden, liegt auf der Hand. Die Benutzung des Käfersiebes ist an solchen Stellen fast aussichtslos. Dazu kommt noch, daß die Stadt Hilden vor etlichen Jahren den ihr benachbarten Teil der Heide, im ganzen etwa 1000 Morgen, angekauft hat, um hier einen Stadtwald anzulegen. Die Arbeiten sind so gefördert worden, daß ein großer Teil der Anlagen bereits im vorigen Jahr dem Publikum geöffnet werden konnte. Diesem Beispiel werden wohl bald die Nachbargemeinden folgen, und dann wird sich auch in dieser Beziehung das Aussehen der Heide ändern, nicht zur Freude der Freunde unberührter Natur. Heute schon bietet die Heide ein gans anderes Bild als vor 20-30 Jahren. Damals konnte man sich an den meisten Stellen In eine förmliche Wildnis und im Südosten in die Dünen der Nordsee versetzt glauben. Heute überwiegt, besonders nach Ost und West hin, der bebaute Boden. Das Verschwinden so mancher interessanten Pflanzenund Tierart wird die Folge dieser Umwandlung sein. 
aus: GEILENKEUSER, F. W. (1907): Beitrag zur Käferfauna der Hildener Heide.  - Ber. Vers. Bot. Zool. Ver. Bonn, 1907, 24-34.

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