August Hahne - Eine Selbstauskunft

Eine Lebensbeschreibung, die August Hahne 1947 auf Anfrage an Paul Müller sandte:
August Hahne, geb. 19.02.1873 im Barmen

A. Personalia
Vater Bankdirektor in Barmen, verheiratet mit Hedwig, geb. Brögelmann aus Barmen, 4 Kinder von denen 2 Opfer des Hitlerkrieges. Ich Lehrer, dann Seminarlehrer, Oberlehrer, Stadtschuldirektor, Stadtschulrat, Stadtrat in Stettin bis 1933, dann aus politischen Gründen in den Ruhestand getreten mit 1934 Geschäftsführer des Naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westfalens (NHV) in Bonn.
1. Und 2. Lehrerprüfung, Mittelschullehrer- und Rektorenprüfung, Reifeprüfung als Externer, Prüfung für das höhere Lehreramt. In Stettin 21 Jahre Kulturdezernet. Zum Geschäftsbereich gehörte das Stadtmuseum, m dessen Insektensammlungen, die zu den bedeutesten der Welt gehörten (wurde von den Polen nach Lublin verschleppt).
Gründer der "Pommerschen Naturforschenden Gesellschaft" und ihrer nach den Stettiner Entomologen Dr. C. A. Dohrn und Dr. H. Dohrn benannten Zeitschrift "Dohrnianan". Ehrenmitglied des NHV, der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn, des Naturwissenschaftlichen Vereins in Krefeld und (dto.) In Wuppertal, der Wetterauischen Gesellschaft für die gesamte Naturkunde in Hanau, von 1907 - 1912 erster Vorsitzender des "Botanischen Vereins der Rheinlande und Westfalens", Ich habe die Ehrenkette der Universität Bonn.

B. Sammeltätigkeit
1. Angeregt durch meinen Lehrer, Oberlehrer Emil Philipps, Barmen, durch das Studium von Büchern der Stadtbibliothek Barmen, durch Bekanntschaft mit dem Käferforscher Gustav de Rossi, und den Schmetterlingsforscher Gustav Weymer in Elberfeld, begonnen 1886.
2. Gesammelt habe Pflanzen (mein bedeutendes Herbar ist ins botanische Museum Berlin gekommen und dort verbrannt), Käfer, Schmetterlinge, Mineralien (meine kostbare Sammlung ist ins Wuppertaler naturwissenschaftliche Museum gekommen, dort verbrannt), Versteinerungen (der größte Teil ist ins Stettiner Stadtmuseum gekommen und dort den Polen in die Hände gekommen). Kleinere, besonders wertvolle Teile wurden von der Universität Köln erworben, ob noch vorhanden, weis ich nicht. Stiche, Münzen, alte naturwissenschaftliche Literartur.
3.  Gesammelt habe ich in ganz Mitteleuropa.
4. Ich habe einen sehr ausgedehnten naturwisschenschaftlichen Briefverkehr gepflegt und besitze eine bedeutende Autographen-Sammlung alter und neuerer Forscher

C. Sammlung
Siehe unter B. Naturwisschenschaftlichen Sammlungen besitze ich nicht mehr. Habe auch nicht mehr die Zeit zum Sammeln.

D. Schriften
Ich habe nun eine ganze Reihe botanischer Arbeiten und solche zur Geschichte der Naturforschung im Rheinland veröffentlicht. Von diesen interessierte vielleich eine über den Entomologen und Botaniker Jos. Wilh. Meigen ( erschienen 1915 in den Schriften des Bergischen Geschichtsvereins, Wuppertal):

E. Bücherei
Ich habe kürzlich den größten Teil meiner entomologischen Bücher an Goecke - Krefeld verkauft, besitze aber noch die großen lepidopterologischen Tafelwerke.
 

Ein Brief (Archiv der Arb.gem. Rhein. Koleopterologen) an Kurt von Steinwehr, der sich nach dem 2. Weltkrieg um eine Wiederbelebung der Arbeitsgemeinschaft bemühte:
Sehr geehrter Herr von Steinwehr,

auf ihre Anfrage vom 13.03. (1947) folgendes.

Wir haben 1943/44 den allergrößten Teil unserer Bibliothek der Bombengefahr wegen von Bonn weggeschafft. Gegen 500 große Kästen haben wir in die Festung Ehrenbreitstein, in die Burg Stolzenfels und in die Keller des Kloster Engelport im Hunsrück untergebracht. Raummangels wegen konnten wir nicht alles wegschaffen. Aber alles für uns Wertvolle wurde überstellt:

Am 18.1.1944 ging unser großes Gebäude im Hagel der Spreng- und Phosphorbomben, die einen großen Teil Bonns, dabei die uns nahegelegene Universität vernichtet, unter. Nichts konnte gerettet werden, da ich schwerkrank in einer Klinik lag und unsere Assistentin Dr. K. Kümmel um die Zeit des Bombenüberfalls sich dienstlich außerhalb des Hauses befand. Zwei alte Frauen, die im Hause wohnten, haben sich mit knapper Not retten können. Es verbrannten:

Die Bibliothekseinrichtung
Das Archiv
Das Separatenlager
Etwa 3/4 unserer Verlagsbestände
Eine Anzahl täglich gebrauchter Zeitschriften und Florenwerke 
Das Büro mit drei Schreibmaschine
Die Wohnungseinrichtung mit dem Inhalt von 12 Bücherschränken, in denen sich die vollständige Reihe der "Stettiner Entomologischen Zeitschrift" befand.
Den größten Teil meiner entomologischen Werke, unter ihnen die großen Schmetterlingswerke von Seitz, Spuler, Hofmann, von Praun, Heinemann, Meigen. Ferner Calvers Käfer, Knock "Neue Beyträge zur Insektenkunde (1801)", Bergsträssers "Insekten der Grafschaft Hanau- Mützenberg (1778)", ein Teil von Panzers "Deutschlands Insekten" hatte ich auswärts unterstellen können.
Wir haben nun die ganze Bibliothek wieder hier, können sie aber aus Raummangel nicht aufstellen, ein Entleihverkehr wir früher ist nicht möglich. Immerhin ein beschränkter Anfang. Sobald wir Papier auftreiben können, drucken wir wieder. Und zwar treten wir auch ersatzweise für den alten angesehenen Stettiner entomologisch Verein, der nach Paris und London ältesten entomologischen Verein der Erde, der infolge der Übergabe Stettins an Polen sein Heim, seine Riesensammlung, seine Bücherei restlos verloren hat und geben unseren biologischen Bänden den Untertitel "Zugleich Stettiner entomologische Zeitung, Band ..." und bringen bevorzugt entomologische  Arbeiten. Möglich, daß sich hinaus eine rein entomologische Schriftenreihe entwickelt. Sie ist im Einvernehmen mit dem Vorsitzer des Stettiner Vereins, Studiendirektor Dr. Urbahn, jetzt in Zehdenik. Dr. Hächner (?), Vorstandsmitglied des Stettiner Vereins, ist jetzt am Zoologischen Museum Berlin beschäftigt, Landwirtschaftskammer-Rat Kleine, der Brenthiden-Forscher jetzt in Halle.
Da ich als Stadtrat die Sammlungen, auch des Stettiner Vereins, etwa 20 Jahre lang regelmäßig zu verwalten hatte, habe ich am Schicksal des Vereins besonderes Interesse. Seine Sammlungen und Bibliothek, die besonders von Dr. K. A. Dohrn und seinem Sohn, meinen Amtsvorgänger Dr. Heinr. Dohrn unter Aufwendung sehr bedeutender Mittel bereichert worden waren, sind, wie ich höre, nach Lublin verschleppt worden.
Der Naturhistorische Verein besaß eine entomologische Sammlungen mehr. Alle Zoologica sind vor Jahren an das Zoologische Institut der hiesigen Universität gegangen und sind mit ihr und dem schönen Poppelsdorfer Schloß, in dem diese sich befanden, vernichtet worden.

Hochachtungsvoll
Ihr ergebener Hahne
Stadtrat i. R. Geschäftsführer des Nat. Vereins