Festschrift 70 Jahre AG Rh. Koleopterologen


 Rüsselkäferzönosen in aufgelassenen Ton- und Sandgruben Anmerkungen zu Mosaik-Sukzessionen bei der Nutzung des geplanten Naturschutzgebietes Holter Heide bei Brüggen (Col., Curculionoidea)

Peter E. Stüben 

Mit 1 Tabelle, 14 Abbildungen und 5 Fotos 
 

Kurzfassung

Die vergleichenden Studien über acht Sukzessionsstadien nach Öffnung der kleinräumigen Tagebaugruben in der Holter Heide (Grenzwald bei Brüggen) zeigen für die Rüsselkäfer- Zönosen einen deutlichen Trend zu höherer Diversität bei gleichzeitig geringer Charakter- Artenzahl in den anstehenden Pionierflächen. Dieses Ergebnis legt die interessante Hypothese nahe, daß in der Holter Heide auf Pionierflächen mit krautiger bzw. buschiger Vegetation Offenlandarten noch ausreichende Lebensmöglichkeiten vorfinden, während gleichzeitig Wald- und Waldrandarten die vorhandene Ressource schon nutzen. Die beobachtete Ambivalenz im Artenpotential der krautigen Pioniervegetationsflächen als "Reservoirbiotop" für vor- und nachgeschaltete Sukzessionsstadien spricht für diesen "Lebensraum aus zweiter Hand". Für viele hochmobile, helio- und psammophile Arten scheinen die vegetationsdichteren Ruderale "Refugialbiotope" darzustellen, um gegebenfalls rasch neue Abraumflächen zu besiedeln. Für einen NSG-Managementplan hat dies nicht unerhebliche Folgen: 

Angesichts der bestehenden und geplanten Ton- und Sandabbau- Aktivitäten in der Holter Heide wären diese selbst ein integraler Bestandteil für eine artenreiche, dynamische und stabile Umwelt. So müßte dafür Sorge getragen werden, daß neben älteren Sukzessionsflächen in ausreichender Entfernung (ca. 100-500 m) neue Flächen für den kleinräumigen Ton- und Sandabbau bereitgestellt werden und diese nach der Auskofferung unverändert und ungenutzt erhalten bleiben. 

Mit solchen Mosaik-Sukzessionen der Gleichzeitigkeit (und kurzen Wege) plädiert der Verfasser für ein dynamisches Verständnis stabiler Lebensgemeinschaften, in denen eine nachhaltige Sicherung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes gerade nicht bedeutet, "die Natur in Ruhe zu lassen". Eine vollständige Artenliste der in der Holter Heide nachgewiesenen Curculioniden (Peter Stüben) sowie ökologisch-faunistischen Bemerkungen schließen diese Arbeit ab. 

Abstract

Weevil species assemblages in clay and sand opencasts in the Holter Heide near Brüggen, Germany.

The weevil fauna of local clay and sand opencasts in the Holter Heide near Brüggen, Lower Rhine area, Germany, is studied with special reference to different successional stages. The richest species diversity was observed in areas with low primary vegetation. It is therefore recommended, neither to fill up nor to reforest the opencasts in order to preserve suitable habitats for numerous phytophagous insects. A complete list of the species of Curculionidoidea recorded in the Holter Heide is presented and supplemented by ecological and faunistical comments. 

Zitat

Stüben, P. E. (1997): Rüsselkäferzönosen in aufgelassenen Ton- und Sandgruben. Anmerkungen zu Mosaik-Sukzessionen bei der Nutzung des geplanten Naturschutz gebietes Holter Heide bei Brüggen (Col., Curculionoidea), in: Köhler, F. (Hrsg.): Beiträge zur Käferfauna und Koleopterologie im Rheinland Festschrift zum siebzigjährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Rheinischer Koleopterologen (1927-1997). - Decheniana (Bonn) Beiheft 36, 185-216.