Der
Fauna Käferführer I - Käfer im und am Wald |
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Wer benötigt
eigentlich Bilderbücher? Am Anfang der Beschäftigung mit Käfern
steht der Vergleich der gefundenen Tiere mit bebilderter Literatur.
Hier standen dem Anfänger schon immer eine große Zahl populärer
Titel zur Verfügung, während man die Anschaffung umfangreicher
und teurer Fachliteratur vermeiden konnte. Das Hauptproblem der Beschäftigung
mit Insekten und speziell den Käfern ist aber ihre unübersichtliche
Artenfülle, der bislang kaum ein populärer Titel gerecht werden
konnte. Diese Lücke wurde erst 1981 mit dem Kosmos-Käferführer
von HARDE & SEVERA geschlossen, der es immerhin schaffte zu fast jeder
heimischen Gattung mindestens eine Art in brauchbaren farbigen Zeichnungen
abzubilden und textlich zu kommentieren.
Seit etwas mehr als 10 Jahren kann man
nun auch im Internet umherschweifen und Käferbilder suchen. Die Zahl
der Fotos geht mittlerweile ins Unermessliche und mit der Galerie
unter www.koleopterologie.de findet sich auch ein Community-Projekt,
in dem mittlerweile 250 Fotografen/innen über 8000 Käferfotos
aus Mitteleuropa zusammengetragen haben. Die Stärke solcher Projekte
ist gleichzeitig auch ihre Schwäche. Die Zahl der Arten und Bilder
ist so groß, dass es kaum möglich ist alles zu betexten oder
auf anderen Seiten im Internet systematisch aufbereitete Informationen
zur Lebensweise einzelner Arten zu finden. Ursache ist nicht nur die Fülle,
sondern - das soll nicht verschwiegen werden - auch das Copyrightrecht,
dass es verbietet, vorhandene Literaturtexte einfach ins Intenet zu übernehmen
und nicht zuletzt die "Zurückhaltung" vieler Experten gegenüber
dem Internet und seinen uneigennützigen Kommunikationsstrukturen.
Und wer braucht
dann noch zu Zeiten des Internets ein weiteres Fotobuch? Nun gerade, derjenige
der die vermissten weiteren Informationen zu Käfern sucht. Hier bietet
sich nun eine neue Buchveröffentlichung von Möller, Grube &
Wachmann an: "Der Fauna Käferführer I - Käfer im und am
Wald". Dieser richtet sich unter anderem an die große Zahl interessierter
Anfänger, sei es angehende Koleopterologen oder die weiterhin exponentiell
wachsende Zahl digital ausgerüsteter Naturfotografen. Auf 334
Seiten werden fast 500 Fotos zu Käfern, aber auch ihren Lebensräumen
gebracht. Der Titel "Käfer im und am Wald" umreißt die grobe
Zielrichtung des Bandes. Der spezielle Teil des Buches präsentiert
auf rund 250 Seiten 430 Artenprofile mitteleuropäischer Käfer.
In der Auswahl werden typische häufige, aber auch eine Reihe seltener
und versteckt lebender Käferarten in familiensystematischer Reihenfolge
präsentiert. |
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Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen,
dass der allgemeine Teil, der auch die obligatorischen Punkte Körperbau,
Entwicklung und Lebensweise kurz abhandelt, sehr intensiv auf Totholzlebensräume
(und deren Schutz) eingeht, die aufgrund der menschlichen Waldbewirtschaftung
vielfach sehr selten geworden sind und zahlreiche gefährdete Käferarten
beherbergen. Hier unterscheidet sich der Band ganz erheblich von der vorhandenen
Literatur, die oftmals Schwerpunkte auf "Schädlinge" und "Lästlinge"
setzt, also auf solche Arten, die dem Menschen besonders oft begegnen.
Leider kommen bei dieser Schwerpunktsetzung andere Waldlebensräume,
wie Waldgewässer, Vegetation und Waldboden einschließlich seiner
Mikrohabitate etwas zu kurz.
Auf jeder Doppelseite finden sich in klassischer
Manier rechts Kommentare und links Fotos der besprochenen Arten. Die Fotos
- meist vier hochkant auf einer Seite - sind fast durchgängig von
guter technischer Dokumentationsqualität: Scharf, kontrastreich, farbgetreu.
Die Arten sind zur besseren Erkennung fast immer dorsal oder leicht seitlich
abgebildet. Die Bestimmungen, soweit am Foto nachvollziehbar, sind alle
korrekt - was bei Bildbänden nicht immer vorausgesetzt werden kann.
Bei der ersten Durchsicht des Bandes fiel mit Rhagonycha limbata
(Abb. 76) nur eine Fehldetermination (ist Rhagonycha testacea) auf.
Für die Fundamentalisten unter den Naturfotografen sei angemerkt,
dass fast alle Fotos geblitzt sind und hin und wieder einmal der Hintergrund
unschön schwarz ist. Auf der Mehrzahl der Aufnahmen fehlt aber eine
fotografische Freistellung und typisches Substrat oder Lebensraumelemente
füllen den gesamten Hintergrund, so dass das Buch durchgängig
einen "bunten lebendigen Eindruck" macht.
Beispiel: Doppelseite aus dem Fauna Käferführer
I
Die Bildauswahl beschränkt sich,
darauf weisen die Autoren auch explizit hin, auf das vorhandene Archivmaterial
von Eckehard Wachmann. Nur in Einzelfällen standen Bilder anderer
Fotografen zur Verfügung, was im wesentlichen zwei Effekte hat: Zur
Füllung der Seiten mußten Arten herangezogen werden, deren eigentlicher
Lebensraum nicht der Wald ist (siehe Buchtitel) und es fehlen in vielen
Fällen im Wald dominante Arten. Während bei den Laufkäfern
noch relative Vollständigkeit herrscht, fehlen bei den Kurzflüglern
bis auf Ocypus olens alle superhäufigen Arten der Waldbodenstreu,
was sich in vielen Familien fortsetzt oder sogar zu deren gänzlichem
Fehlen führt (z.B. alle "Wasserfamilien", Colonidae, Leiodidae, Leptinidae,
Scydmaenidae, Ptiliidae, Melyridae, Cerophytidae, Sphaerosomatidae, Arpidiphoridae,
Latridiidae, Scraptiidae). Bei anderen Familien vermißt man Arten,
die einem auf Schritt und Tritt begegnen und die zu den häufigst fotografierten
Tieren zählen, z.B.: Athous haemorrhoidalis, vittatus
und subfuscus (Elateridae) oder im Wald typische Mistkäfer
der Gattung Aphodius (Scarabaeidae).
Behält man diese Einschränkung
einschließlich der Binsenweisheit, dass vieles nicht nach Foto bestimmbar
ist, im Hinterkopf, so haben wir insgesamt eine vergleichsweise gute Übersicht
über große auffällige Arten. Dem Leser wird überdies
im Textteil unter die Arme gegriffen, indem nicht nur Lebensraum, Häufigkeit
und Verbreitung skizziert werden, sondern auch die Größe und
morphologische Merkmale genannt werden. Hilfreich, aber auch irreführend
kann der Punkt "ähnliche Arten" sein, da er entscheidend vom Kenntnisstand
des Lesers abhängig ist. Die Autoren bemerken dies auch im Vorwort
und verschweigen nicht, dass für eine korrekte Determination vielfach
der Fang und Konservierung von Belegen unerlässlich ist. Wer wissen
möchte, wie man das bewerkstelligt, findet im Kosmos-Käferführer
(hoffentlich auch noch in den neueren Auflagen?) sechs informative Seiten
zum Fang und Aufbewahrung von Käfern.
Zurück zu den "Ähnlichen Arten":
In der Regel kann man sich da an Habitus und Farbe der Käfer orientieren
und erhält auch brauchbare Auskünfte. Sobald man sich aber abseits
bunter und bizarr geformter Arten bewegt, ist der Neueinsteiger wohl verloren.
Leider kann man sich aber auch nicht bei bunten Formen sicher fühlen,
wie die folgenden Beispiele andeuten. Bei Coccinella septempunctata
heißt es: "Ähnliche Arten: Von ähnlichen Coccinella-Arten
durch Größe und Anzahl der Punkte unterschieden". Hätte
man da nicht besser explizit auf Coccinella magnifica und ihre Lebensweise
verwiesen? Bei Anastrangalia dubia heißt es "keine", obwohl
im gleichen Lebensraum (Bergnadelwälder) auch die auf den ersten Blick
identische Anastrangalia reyi - das früher verwendete Synonym
"inexspectata" ist treffender - vorkommen kann. Bei Leptura maculata
heißt es schlicht "Siehe Leptura quadrifasciata", dort dann
"Ähnelt anderen, schwarz-gelb gemusterter Bockkäferarten!". Gemeint
sind wohl die fehlenden arcuata, attenuata und aurulenta.
Da ist die bei vielen Rüsselkäfern gewählte Formulierung
"Ähnliche Arten: andere Arten der Gattung" die deutlich bessere ...
Ein weiteres gutes Hilfsmittel ist die
Kurzcharakteristik der (abgebildeten) Käferfamilien, die sich an den
Bildteil anschließt und leider - offenbar aus Platzgründen -
nicht in die Besprechung der Arten eingefügt werden konnte. Hier finden
sich zu jeder Käferfamilie Hinweise zur Lebensweise, körperlichen
Merkmalen und zur Artenzahl, weltweit, in Mitteleuropa und in Deutschland.
Ein kurzes Glossar, eine Literaturauswahl und ein Stichwortverzeichnis,
in dem die behandelten Arten farblich hervorgehoben werden, runden das
Buch ab. Berücksichtigt man insgesamt, was ein Bilderbuch leisten
oder nicht leisten kann, haben wir hier einen hervorragend illustrierten
Band vor uns, der uneingeschränkt als Hilfsmittel für Exkursionen
und die Orientierung unter den zahllosen Wald- und Totholzkäfern dienen
kann. Die römische Eins im Buchtitel läßt auf weitere Bände
zu anderen Biotopkomplexen wie Feuchtbiotopen (Gewässer, Ufer, Auen,
Moore, Sümpfe, Küsten) sowie Offenland- und Kulturbiotopen (Wiesen,
Weiden, Felder, Trockenrasen, Weinberge ...) hoffen. |
Möller,
Grube & Wachmann: Der Fauna Käferführer I - Käfer im
und am Wald. 336 Seiten, 455 Farbfotos, 2 s/w Abbildungen, Hardcover, Fadenheftung,
18,5 x 13,0 cm, 450 g. ISBN 3-935980-25-6, Eur 42,00, Fauna Verlag e.K.,
Nottuln, http://www.faunaverlag.de.
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