Vereinigung
und Digitalisierung rheinischer Käfersammlungen |
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Die Vereinigung der großen
rheinischen Käfersammlungen
und Ihre Digitalisierung
– Stand und Perspektiven
Frank
Köhler
Rheinische Käferdatenbanken
In negativer Auslegung sind Käfersammlungen,
wie gut sie auch aufgestellt und bestimmt sein mögen, erst einmal
nichts anderes als Datenfriedhöfe, deren Inhalt immer mal wieder bei
der Bearbeitung einzelner Taxa an das Licht der Öffentlichkeit gelangen.
Die Verwertung hat also insgesamt einen eher sporadischen und anekdotischen
Charakter und erreicht nur selten epische Ausmaße wie beispielsweise
bei monographischen Familienbearbeitungen der Pracht- und Bockkäfer
sowie Scarabaeoidea von HEINZ BAUMANN und MANFRED NIEHUIS oder der Käferfauna
der Rheinprovinz (KOCH 1968). In allen Fällen trägt diese Form
der Datenerfassung und -verwertung erheblich zur Wissensvermehrung bei,
aber letztlich bleiben doch die Mehrzahl aller Käferarten und ihre
Funddaten im Dunkel der Sammlung verborgen. Aber auch dort, wo Daten publiziert
wurden, zeigt sich relativ rasch deren statischer Charakter: Es wird zeitlich
nur der Endpunkt der Manuskripterstellung abgebildet.
Die Anlage von Datenbanken dagegen bietet
Flexibilität in jeder Hinsicht, sowohl bei der Datenerfassung als
auch bei der Auswertung. Ergänzungen sind jederzeit möglich,
Aktualität ist jederzeit gewährleistet. Die Inhalte verschiedener
Datenbanken lassen sich verknüpfen (Abb. 9) und gemeinsam abfragen:
Daten je Art oder Artenlisten nach Fundorten in Kombination mit zeitlichen,
biogeographischen, ökologischen oder naturschutzfachlichen Variablen
und vielem mehr. Welche monophagen Pflanzenfresser sind in der zweiten
Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts relativ seltener gefunden worden?
Welche Uferkäfer haben sich nach den 1970er Jahren wieder im Bestand
erholt und ausgebreitet, welche nicht? Die faunistischen und ökologischen
Abfragemöglichkeiten sind schier unbegrenzt.
Abb. 9: Relationale Datenbankstruktur. Über den
Artcode, dem einzigen stabilen Artmerkmal und andere Variablen lassen sich
verschiedene Datenbanken verknüpfen. Solange kein vorgefertigtes starres
System einer Dateneingabe oder – abfrage verwendet wird, lassen sich alle
Datenbankbestandteile beliebig verändern und mit anderen Datenbeständen
verknüpfen (gestrichelt gerahmt sind nicht vorhandene bzw. unvollständige
Datenbestände).
Im Internet sieht man derzeit schon eine
Reihe von Datenbanken, deren Ansätze recht ambitioniert sind, die
aber zugleich auch die Grenzen und Schwächen der Datensammlung kennzeichnen.
Sie sind relativ sinnlos, wenn nur wenige Daten vorhanden sind oder präziser
formuliert, wenn keine Vollständigkeit der Datenerfassung angestrebt
wird. Um ein Streben nach der Weltformel zu vermeiden, ist es notwendig
sich taxonomisch, räumlich und gegebenenfalls institutionell zu beschränken.
Als Privatperson kann man seine eigenen
Sammlungsdaten erfassen und ist so jederzeit in der Lage, Kollegen Daten
für deren Projekte zur Verfügung zu stellen. Es ist aber wenig
sinnvoll, seine vergleichsweise bescheidenen Beobachtungen als Verbreitungskarte
ins Internet zu stellen. Hier helfen nur die Zusammenarbeit vieler Kollegen
und ein handfester Plan. Ein positives Beispiel bieten die Verbreitungskarten
zu allen Käferarten der Hamburger Koleopterologen (http://www.entomologie.de/hamburg/karten/).
Hier werden die Daten der wichtigsten Privatsammlungen fast vollständig
in Kartenform dargestellt. Die Rohdaten sind online nicht verfügbar
und Literatur- und Museumsdaten fehlen (noch) weitgehend. Werfen wir aber
mal einen Blick auf die Datenbestände, die bereits im Rheinland vorliegen:
Monografische Familienbearbeitungen
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Laufkäfer: Als Grundlage für die
Erstellung Roter Listen wurde von PETER SCHÜLE und anderen in den
1990ern eine Erfassung von Laufkäferdaten durchgeführt, darunter
auch umfangreiche graue Literatur (15.000 Datensätze)
-
Bockkäfer: Die nordrheinischen Cerambyciden
(BAUMANN 1999) liegen in Datenbankform vor (6.000 Datensätze), die
südrheinischen und pfälzischen (NIEHUIS 2001) als Word-Datei,
die per Makroeinsatz in Datenbankfelder umformatiert werden könnte.
-
Scarabaeoidea: Die rheinischen Scarabaeiden
(BAUMANN 2003 ff.) liegen als Datenbank vor (11.000 Datensätze, Abb.
10)
-
Weitere Taxa: Digitale Verfügbarkeit
und Transformierbarkeit müsste geprüft werden.
Abb. 10: Screenshot aus der Scarabaeoidea-Datenbank
des Rheinlandes von HEINZ BAUMANN.
Literatur
-
Käferfauna von KLAUS KOCH: Das Werk von
1968 und alle Nachträge (KOCH 1968 ff.) wurden im letzten Jahr im
Auftrag der Arbeitsgemeinschaft gescannt und als „searchable pdf-“ (Abb.
11) und Word-Datei gespeichert. Die Word-Datei ließe sich mit etwas
Aufwand in eine Datenbank umwandeln.
-
Rundschreiben und Mitteilungen: Seit 1988
wurden in unseren Zeitschriften mehrere Tausend Seiten über rheinische
Käfer veröffentlicht. Mitte der 1990er Jahre hatte die AG beschlossen
und begonnen die rheinischen Literaturdaten mit Art, Fundort und Quelle
zu erfassen (KÖHLER 1995). Dieses Projekt ist nach einem ersten Anlauf
mangels Beteiligung und Interesse eingeschlafen, wurde aber vom Verfasser
durch den Import neu erschienener Artenlisten und Eingabe von Streufunden
fortgeführt (40.000 Datensätze, Abb. 12). Aus dieser und anderen
Datenbanken werden regelmäßig rheinische Datensucher passgenau
bedient.
-
Sonstige Literatur: Ähnliches wurde vom
Verfasser auf privater Basis mit anderer rheinischer Literatur durchgeführt.
Ein erheblicher Teil der Literatur zur Rheinprovinz ist allerdings noch
nicht ausgewertet. Für Rheinhessen-Pfalz existiert eine vollständige
Datenbank, die als Basis für das Verzeichnis der Käfer Deutschlands
(KÖHLER 1998) diente und bis heute fortgeführt wird (30.000 Datensätze).
Abb. 11: Screenshots aus der pdf-Version der Käferfauna
der Rheinprovinz (KOCH 1968). Die Fauna und Nachträge sind als „searchable
pdf“ angelegt. Hinweis: Die Suche kann durch Fehler der Texterkennung beim
Scan erschwert werden.
Abb. 12: Datenbankabfrage „Meligethes“ aus
den Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Rheinischer Koleopterologen: Arte,
Fundorte und Quellen links, Literaturtitel rechts.
Sammlungen
-
Privatsammlungen sind mit drei Ausnahmen digital
nicht erfasst. Jeder sollte sich überlegen, ob er seine Sammlung nach
dem Vorbild des Museum Koenig (s. u.) digital erfasst und diesen Datenbestand
pflegt.
-
Löbbecke-Museum: Die Buprestiden sind
erfasst (http://www.biologie.uni-ulm.de/systax/index_d.html)
– was noch, müsste erfragt werden.
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Museum Koenig: 2008 wurde von TORBEN KÖLKEBECK
bei den Carabiden im Rahmen des Datenbankprojektes BIODAT (http://www.biodat.de)
mit der Eingabe von Funddaten begonnen. In drei Monaten wurden die Laufkäfer
bis zur Gattung Bembidion in etwa 3.000 Datensätzen erfasst.
Artabfragen sind online unter http://www.gbif.org
möglich. DIRK AHRENS versucht derzeit die Rohdaten zu erhalten. Als
Effizienz mindernd erwiesen sich folgende Faktoren: Jede Nadel musste mit
einer Datensatznummer etikettiert werden. Grund: Über die Nummer lassen
sich Änderungen der Bestimmung zurückverfolgen. Während
der Dateneingabe mussten fehlende Fundorte in der Fundortdatei ergänzt
werden, da die Datenbanken fest verknüpft waren. Da auch Koordinaten
gewählt werden besteht das Risiko, das Fundorte bei der ersten Dateneingabe
ungenau lokalisiert werden.
-
Museum Koenig: Seit Oktober 2010 erfasst JONAS
KÖHLER im Rahmen seines Zivildienstes Sammlungsdaten. Er hat bislang
die Hygrobiidae bis Hydrophilidae bearbeitet, dabei aber auch Sammlungsteile
sortiert und zahlreiche Belege geprüft. Insgesamt wurden bislang 11
Familien mit 65 Gattungen und 290 Arten dokumentiert. Die 19.768 Präparate
ergaben 9.489 Datensätze, also Arteinträge mit unterschiedlichen
Fundort, Finder und/oder Datum.
[Fortsetzung]
Köhler,
F. (2010): Die Vereinigung der großen rheinischen Käfersammlungen
und Ihre Digitalisierung – Stand und Perspektiven. - Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft
Rheinischer Koleopterologen (Bonn) 20, 133-152. |
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